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Behördliche Durchsuchung: Vorbereitung auf den Ernstfall

Ausnahmesituation Durchsuchung: Wie Entscheidungsträger optimal auf den Besuch von Staatsanwalt & Co. reagieren

Egal ob Mittelständler oder Großkonzern: Durchsuchungen sind für die Beteiligten auf Unternehmensseite niemals Alltag. Wenn die Ermittlungspersonen, Beamten der Staatsanwaltschaft, das Hauptzollamt, die Kartellbehörden oder die Steuerfahndung vor der Tür stehen, gilt es ebenso schnell wie besonnen zu reagieren. Gründe für Durchsuchungsmaßnahmen liegen häufig noch nicht einmal in der eigenen Sphäre des betroffenen Unternehmens oder Personen. Rechtliches Gehör spielt leider bei Zwangsmaßnahmen (dazu zählt eine Durchsuchung beim Beschuldigten oder auch Nichtbeschuldigten) in der Praxis kaum eine Rolle. Mit bewährten Tipps will dieser Beitrag den betroffenen Personen einen Leitfaden mitgeben, um strafprozessuale Rechte aller Beteiligten bestmöglich zu gewährleisten.

Durch regelmäßige und spezialisierte Vorbereitung von Schlüsselpersonen auf Zwangsmaßnahmen kann der Überraschungseffekt einer Durchsuchung häufig verpuffen. Nicht zuletzt sind vorausschauende Maßnahmen für Unternehmen und Personen aufgrund der häufig mit einer Durchsuchung einhergehenden medialen Aufmerksamkeit von existenzieller Bedeutung.

DER ERSTKONTAKT MIT ERMITTLUNGSPERSONEN
In der Regel treffen die Ermittlungspersonen als erstes auf Personen an der Pforte, am Empfang oder vielleicht im Sekretariat. Die dort tätigen Personen sind häufig mit derartigen Situationen überfordert.

Durchsuchungen können nicht verhindert werden. Höchste Priorität soll daher die Wahrung der Rechte aller betroffenen Personen haben. Hier hilft als erste Reaktion – man mag es nicht glauben – Höflichkeit und das Signalisieren von Kooperationsbereitschaft. Die Versorgung der Ermittlungspersonen mit einem Kaffee und ein ruhiger, abgelegener Raum für die Erörterung von Einzelheiten zur Durchsuchung können Wunder bewirken.

Allen Personen muss allerdings klar sein, dass nicht rechtzeitig wahrgenommene Rechte zu dramatischen und irreparablen Folgen in einem Strafverfahren führen können.

ZEIT GEWINNEN
Diese Zeit sollte genutzt werden, um die wichtigsten Entscheidungsträger, Unternehmensbereiche und Abteilungen für den Ernstfall zu informieren. Keinesfalls sollte jedoch der Eindruck entstehen, dass die Durchsuchung verzögert werden soll, um Beweismittel beiseite zu schaffen oder gar zu vernichten (ggf. Haftgrund!). Zeit wird insbesondere dafür benötigt, um organisatorische Vorkehrungen zu treffen, damit die Rechte der betroffenen Personen oder des ganzen Unternehmens wahrgenommen werden können.

Entscheidungsträger oder Vertretungsberechtigte (Geschäftsführer, Prokuristen, Vorstände etc.) sollten erreichbar sein und möglichst zeitnah im Unternehmen eintreffen, da Strafverfolgungsbehörden nicht verpflichtet sind, eine Zeitverzögerung von erheblicher Dauer zu dulden.

In den meisten Fällen wird ein Informationsgespräch zwischen den Ermittlungspersonen, den Vertretungsberechtigten und einem Rechtsanwalt/Verteidiger den Druck aus der Situation nehmen. Der Rechtsanwalt/Verteidiger sollte im Vorfeld mit den Strukturen und Räumlichkeiten des Unternehmens vertraut gemacht werden.

Alle Mitarbeiter sämtlicher Abteilungen und Unternehmensbereiche sind darüber zu unterrichten, dass Personen der Strafverfolgungsbehörden unverzüglich zu den Entscheidungsträgern oder vertretungsberechtigten Personen geführt werden. Verzögerungen sind zwingend zu vermeiden, um die Ermittlungspersonen nicht zur Unruhe zu veranlassen.
ZUR PSYCHOLOGIE DER ÜBERRUMPELUNG
Der Überraschungs- und Überrumpelungseffekt einer Durchsuchung ist der gewollte psychologische Vorteil der Strafverfolgungsbehörden. Diesen Vorteil gilt es auszuschalten.

Das Mittel der informatorischen Befragung wird gerne genutzt, um erste Anhaltspunkte für das schnelle Auffinden von Beweismitteln zu erhalten.

Die vertretungsberechtigten Personen oder das einberufene Krisenmanagement müssen darauf achten, dass alle Mitarbeiter – sei es als Beschuldigte oder Zeugen – keine Äußerungen zur Sache tätigen. Ermittlungspersonen neigen teilweise dazu, mit vermeintlichen Ermittlungserkenntnissen zu bluffen oder den betroffenen Personen weitere Durchsuchungen oder andere Zwangsmaßnahmen in Aussicht zu stellen, wenn sie nicht kooperieren. In den meisten Fällen wird sich dies als Finte herausstellen. Solche weiteren Zwangsmaßnahmen dürften in der Regel rechtswidrig sein. Die Erfahrung in der Praxis zeigt aber, dass solche Vorgehensweisen nicht selten Früchte tragen. Die Gründe, warum sich die betroffenen Personen immer wieder zur Kooperation verleiten lassen und somit auf ihre Rechte verzichten, sind vielseitig. Dies können persönliche Ängste sein, aber auch ein mangelndes rechtliches Verständnis. Dies gilt es durch regelmäßige Schulungen und Anweisungen zu verhindern. Rechtliches Bewusstsein beugt auch der Gefahr vor, sich des Geheimnisverrats gem. § 203 StGB strafbar zu machen.

DIE DURCHSUCHUNG
Der Hausrechtsinhaber hat nur die Durchsuchung zu dulden und nicht eine Befragung von Kunden, Mitarbeitern oder anderen vor Ort befindlichen Personen. Das betroffene Unternehmen ist auch nicht verpflichtet, den Strafverfolgungsbehörden eine Ermittlungszentrale in eigenen Räumlichkeiten einzurichten. Aus psychologischer Sicht sollten die betroffenen Personen stets höflich, jedoch bestimmt ihre Rechte wahrnehmen. Insbesondere besteht die Möglichkeit, bei Zufallsfunden oder bei der Durchsicht von Unterlagen (z. B. Dokumente/Papiere, aber auch EDV-Datenspeicher) darauf zu bestehen, dass die Durchsicht unterlassen wird und Unterlagen verpackt und versiegelt werden. Dasselbe gilt für die Mitnahme von Gegenständen und Unterlagen zur Durchsicht. Solch höfliche Aufforderungen und entsprechende Widersprüche gegen die Beschlagnahme durch die vertretungsberechtigten Personen lassen die Ermittlungspersonen wissen, dass die rechtlichen Grenzen nicht überschritten werden dürfen. Schließlich darf auch auf das Hausrecht freundlich, aber bestimmt aufmerksam gemacht werden.

NACH DER DURCHSUCHUNG
Ist die Durchsuchung beendet, muss das Unternehmen den Informationsfluss gegenüber allen Beteiligten, also allen Betroffenen und gegebenenfalls außenstehenden Personen (Presse, Gesellschafter, Aktionäre, sonstige Mitarbeiter, Staatsanwaltschaft etc.) steuernd aufrechterhalten. Welche Maßnahmen im Einzelfall notwendig sind, lässt sich kaum pauschal beantworten.

Große Bedeutung für den Verlauf des weiteren Verfahrens hat aber fast immer die erste Wahrnehmung und Interpretation des Falles durch die Beteiligten – insbesondere durch jene Personen, die später auch als Zeugen geladen werden könnten. Daher müssen alle Beteiligten unbedingt eine konsistente und klarstellende Erläuterung des Sachverhalts aus Unternehmenssicht erhalten, damit Gerüchten, Spekulationen und verschiedenen Versionen des Sachverhalts vorgebeugt werden kann. Behält das Unternehmen die Deutungshoheit über das Geschehen, hat dies einen psychologisch wichtigen Einfluss auf das weitere Ermittlungsverfahren. Hier ist eine sofortige, spezialisierte und professionelle Beratung durch erfahrene Verteidiger und bestenfalls auch Psychologen erforderlich.

WENN ERMITTLUNGSBEHÖRDEN KLINGELN, IST GUT ÜBERLEGTES HANDELN DAS „A“ UND „O“!
Durchsuchungen stellen selbst erfahrene Unternehmer und Entscheidungsträger auf die Probe. Die größte Herausforderung ist das psychologische Überraschungsmoment. Unbedachtes Verhalten gegenüber Ermittlungspersonen kann schwerwiegende Folgen – auch strafrechtlicher Art – haben und darüber hinaus dem Unternehmen unnötig Schaden zufügen. Umso wichtiger ist es, Angestellte und Führungskräfte schon im Vorfeld möglicher Durchsuchungen über ihre Rechte aufzuklären und Abläufe sowie Verantwortlichkeiten für den Fall der Durchsuchung im Detail zu planen. Mit gut vorbereiteten Mitarbeitern, funktionierenden Alarmierungsketten, qualifiziertem Rechtsbeistand und dem richtigen Maß an Kooperation und Distanzierung sind die handelnden Verantwortlichen für diese Extremsituation gut gerüstet.

Dieser Artikel ist mit freundlicher Unterstützung von Th. Christian Jurascheck, Rechtsanwalt, Wilhelm Rechtsanwälte in Düsseldorf entstanden.
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