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Interview mit Dr. Michael Kreutzer
Desinformation aufdecken und bekämpfen: Forschungsprojekt „DORIAN“

Dr. Michael Kreutzer: Forschungsleiter des Forschungsprojektes „DORIAN - Desinformation aufdecken und bekämpfen“ - am Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie.

Das vom Bundesministerium geförderte Forschungsprojekt „DORIAN - Desinformation aufdecken und bekämpfen“ - erarbeitet einen Katalog möglicher technischer, politisch-normativer und soziokultureller sowie organisatorischer Empfehlungen zur Bekämpfung von Desinformation im Internet. Neben diesen Empfehlungen, die sich an die Medien, Politik, Bürger und die Wissenschaft richten, werden auch mögliche technische Lösungen zur Erkennung und Bekämpfung von Desinformation und Meinungsmanipulation im Internet aufgezeigt und deren mögliche Wirkung auf Nutzer und deren Akzeptanz überprüft. Insbesondere die Weiterentwicklung der Rechtsordnung, die Mediendidaktik und der weitere Forschungsbedarf stehen im Mittelpunkt des Projektes DORIAN. Projektpartner sind das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT Darmstadt, die Hochschule der Medien Stuttgart, die Universität Duisburg-Essen und die Universität Kassel.
Interview mit Dr. Michael Kreutzer (SICHERHEIT. Das Fachmagazin.)
GIBT ES AUS IHRER SICHT UNTERSCHIEDE IN DER WORTBEDEUTUNG VON DESINFORMATION, „FAKE NEWS“ ODER FALSCHMELDUNG?
Bei einer Falschmeldung steckt in der Regel keine böse Absicht dahinter. Sie ist vielfach auf journalistische Fehler zurückzuführen, die diverse Ursachen haben können, wie beispielsweise Zeitdruck. Als Modebegriff wird „Fake News“ aktuell von verschiedenen für alle denkbaren, unliebsamen Meldungen genutzt. Die europäische Kommission definiert Desinformationen als „nachweislich falsche oder irreführende Informationen, die mit dem Ziel des wirtschaftlichen Gewinns oder der vorsätzlichen Täuschung der Öffentlichkeit konzipiert, vorgelegt und verbreitet werden und öffentlichen Schaden anrichten können“.

WIE SCHÄTZEN SIE DAS ENTDECKUNGSRISIKO VON „FAKE NEWS“ EIN?
Eine einzelne Nachricht, Kommentierung oder über soziale Medien geteilte Information kann mittels journalistischer Recherchemethoden recht leicht als Desinformation überführt werden. Es gibt sogar eine hohe Übereinstimmung von Desinformationsstrategien selbst bei verschiedenen Verursachern. Typisch sind beispielsweise Negativität von Meldungen und die Beschreibung eines großen Schadens.

GIBT ES KONKRETE BEISPIELE AUS DER WIRTSCHAFT, BEI DENEN DIE VERBREITUNG VON DESINFORMATIONEN ZU WIRTSCHAFTLICHEN SCHÄDEN GEFÜHRT HAT?
CEO-Fraud kann beispielsweise als gezielter Angriff mit Methoden der Desinformation angesehen werden: Beim CEO-Fraud sammeln die Täter alle ihnen öffentlich zugänglichen Informationen über das Unternehmen und nehmen teilweise auch Kontakt mit einzelnen Personen aus dem Zielunternehmen auf. Mit Hilfe dieses Wissens veranlassen sie eine Person aus dem Unternehmen durch plausibel anmutende Dringlichkeit von oberster Ebene zum Transfer eines größeren Geldbetrages ins Ausland.

KÖNNEN SIE SCHON ÜBER KONKRETE FORSCHUNGSERGEBNISSE BERICHTEN?
Erste Zwischenergebnisse stimmen uns optimistisch, dass wir mit Hilfe von diversen Methoden vor allem des maschinellen Lernens themenspezifische Desinformation vorfiltern können und sich damit die Rechercheergebnisse von Menschen sehr gut verbessern lassen. Hierzu trainieren wir die Erkennungsleistung der Maschine, indem wir sie mit Inhalten und deren sprachlichen Eigenschaften füttern, die wir als Desinformation mittels journalistischer Recherchemethoden identifiziert haben. Im Idealfall kann der Rechner später mit hoher Zuverlässigkeit diese Eigenschaften bei neu präsentierten Texten wiedererkennen und die Desinformationstexte entlarven. Da die Maschine sehr schnell arbeitet, kann sie potentielle Kandidaten für Desinformation aus einer großen Datenmenge in kurzer Zeit herausfiltern.

IM ENDEFFEKT KANN MAN NICHTS GEGEN EINE FALSCHE INFORMATION ANRICHTEN, AUSSER DIESE MÖGLICHST IM KEIM ZU ERSTICKEN UND MIT EINEM EFFEKTIVEN KOMMUNIKATIONSKONZEPT GEGENZUSTEUERN …!
Das sind sicher zwei wirksame Vorgehensweisen. Damit die Desinformation nicht auf fruchtbaren
Boden fällt, kann eine solide, breit angelegte Medienbildung helfen, unseriöse Quellen zu erkennen. Die Stärkung seriöser und faktenbasierter Berichterstattung und die weitere Erforschung der Mechanismen von Desinformationskampagnen ermöglicht, diese offenlegen und „entzaubern“ zu können.

WIE SOLLTE IHRER MEINUNG NACH AUF EINE DESINFORMATION REAGIERT WERDEN? GIBT ES GEMESSENE ERFAHRUNGSWERTE, WAS AM EFFEKTIVSTEN IST? OFFENSIVE KOMMUNIKATION ODER KLASSISCHE GEGENDARSTELLUNG MIT ODER OHNE BEZUG ZUM ANGRIFF?
Das ist ein aktueller Forschungsgegenstand bei uns. Was wir bereits auch schon von anderen Forschungsgruppen wissen: Die faktenbasierte Darstellung sollte möglichst übersichtlich und klar sein - der Bezug zur manipulativen Botschaft sollte hierbei so gewählt werden, dass er diese nicht noch verstärkt. Dies bedeutet insbesondere, dass die falsche Botschaft nicht an prominenter Stelle in der richtigstellenden Kommunikation wiederholt wird und sich damit „einbrennt“. Zur klar verständlichen Vermittlung von Fakten eignen sich insbesondere leicht zu erfassende graphische Darstellungen.

GAB ES WÄHREND DER BISHERIGEN FORSCHUNGSDAUER ASPEKTE, DIE SIE PERSÖNLICH SCHOCKIERT HABEN, ODER DIE SIE NICHT FÜR MÖGLICH GEHALTEN HÄTTEN?
Der Grad an Negativität, Skandalisierung und teilweise Brutalität der Darstellung der erfassten Desinformationen war für mehrere Mitarbeitende aufwühlend. Umso wichtiger erscheint uns hier die Möglichkeit der maschinenunterstützten Vorverarbeitung, so dass sich verantwortliche Personen zunächst nur mit den wahrscheinlich relevantesten Desinformationen zu befassen brauchen.

VIELEN DANK FÜR DIE INTERESSANTEN EINBLICKE.
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