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Artikel zum Thema
Plagiate und Fälschungen: Gefahr für die deutsche Wirtschaft

Produktpiraterie: Plagiate und Fälschungen als Gefahr für die deutsche Wirtschaft

Mangels eigener Ideen und aus Profitgier werden sie oftmals billig und unter menschenverachtenden Arbeitsbedingungen hergestellt. Plagiate und Fälschungen verursachen teils existenzgefährdende Schäden bei innovativen Herstellern: Von Umsatzeinbußen über den Verlust von Arbeitsplätzen und unberechtigten Haftungsrisiken bis hin zu mangelnden Erträgen für zukünftige Produktentwicklungen. Zudem bergen billige Nachahmungen nicht zu unterschätzende Sicherheitsrisiken. All dies macht deutlich: Produkt- und Markenpiraterie ist weder Kompliment noch harmloses Kavaliersdelikt, sondern Wirtschaftskriminalität mit gravierenden negativen Auswirkungen.

Bei Plagiaten und Fälschungen handelt es sich um Diebstahl geistigen Eigentums bzw. die Verletzung von Urheberrechten oder gewerblichen Schutzrechten (Marke, Design, Patent, Gebrauchsmuster).
  • DEFINITION PLAGIAT: Beim Plagiat kopiert der Nachahmer das Produkt (Diebstahl geistigen Eigentums), d. h. das Design und/oder die Technik eines erfolgreichen Produktes werden übernommen und unter eigenem Namen verkauft.
  • DEFINITION FÄLSCHUNG: Bei der Fälschung übernimmt der Nachahmer zusätzlich den Markennamen und gibt sich als renommierter Originalhersteller aus.
Die Erscheinungsformen von Plagiaten sind branchenübergreifend und reichen von Designplagiaten über Technologieklau bis hin zu Markenfälschungen. Angeboten werden die nachgemachten Waren in allen Preis- und Qualitätsabstufungen: Von gefährlichen Billigfälschungen bis hin zu qualitativ hochwertigen Plagiaten, die kaum günstiger oder manchmal sogar teurer als das Originalprodukt sind. Gerade in Zeiten von „Social Media“ und „Influencer Marketing“ sind für Markenhersteller ungerechtfertigte Reputationsschäden meist noch gravierender als finanzielle Schäden. Enttäuschte Kunden wenden sich angesichts der Vielzahl von Alternativanbietern schneller denn je von der Marke ab und beeinflussen quer über den Globus Freunde und Follower mit ihren Erfahrungen, Meinungen und Empfehlungen.

(UNFREIWILLIG) IM VISIER DER FÄLSCHER
Grundsätzlich stehen renommierte Marken- und Luxusartikel genauso wie Produkte „Made in Germany“ im permanenten Fokus von Nachahmern. Besonders betroffen ist der Maschinenbau als deutsche Schlüsselindustrie. Der Zoll beschlagnahmt aber auch aus anderen Bereichen regelmäßig Fälschungen wie
  • Bekleidung,
  • Sportartikel und Accessoires,
  • Medikamente, Lebensmittel,
  • Kosmetika sowie
  • Elektronik und (Kfz-)Ersatzteile.
Dass das Thema mittlerweile alle Branchen betrifft, zeigen auch die vielen unterschiedlichen Nachahmerprodukte, denen von der Aktion Plagiarius e. V. in über 40 Jahren der Negativ-Preis „Plagiarius“ verliehen wurde: Haushaltswaren, Sanitärprodukte, Werkzeuge, (Büro-)Möbel, Kinderspielzeuge, Hundeleinen, Kniebandagen, aber auch technische Produkte wie z. B. Druckmessgeräte, Kühlmittelpumpen, Motorsägen, Hochdruckreiniger, …
Durch den hohen Bekanntheitsgrad zeigt der „Plagiarius“ regelmäßig erfolgreich seine abschreckende Wirkung: Aus Angst vor öffentlicher Blamage haben über die Jahre hinweg zahlreiche Nachahmer noch vor der Jurysitzung eine Einigung mit dem Originalhersteller gesucht und es wurden beispielsweise Restbestände der Plagiate und Fälschungen vom Markt genommen, Unterlassungserklärungen unterschrieben oder Lieferanten preisgegeben.

CHINA: FÄLSCHERNATION, WERKBANK DES WESTENS UND AUF DEM WEG ZU „MADE IN CHINA 2025“
Allein 2017 haben die europäischen Zollbehörden laut EU-Kommission an den EU-Außengrenzen mehr als 31 Millionen rechtsverletzende Produkte mit einem Gesamtwert von über 580 Millionen Euro beschlagnahmt – und das ist nur die Spitze des Eisbergs. China und die Sonderverwaltungszone Hongkong sind einerseits nach wie vor Herkunftsland Nr. 1 für Fälschungen. Gleichzeitig aber verfolgt China seit Jahren mit Nachdruck und mit Investitionen in Milliardenhöhe seinen ehrgeizigen Zehnjahresplan „Made in China 2025“: Das Land will zu den technologisch führenden Industrieländern aufschließen. Weg von der verlängerten Werkbank des Westens hin zum ernsthaften Mitbewerber auf den Weltmärkten. Diese Strategie Chinas beinhaltet auch die gezielte Übernahme westlicher Unternehmen, die zukunftsweisende Schlüsseltechnologien besitzen. Fakt ist, dass innovative chinesische Firmen in einem Plagiat weder ein Kavaliersdelikt noch ein Kompliment sehen, sondern konsequent ihre Rechte gegen Nachahmer durchsetzen.

AUCH IN WESTLICHEN INDUSTRIENATIONEN WIRD KOPIERT
Zoll-Statistiken berücksichtigen nur Waren, die aus Drittländern in das jeweilige Gebiet (z. B. EU oder USA) eingeführt werden, sie erfassen keine Rechtsverletzungen innerhalb dieser Regionen. Fakt ist, unlautere Nachahmungen werden häufig auch in Industrieländern hergestellt, vertrieben oder sogar von dort in Auftrag gegeben. Und immer häufiger stammen Originalhersteller und Plagiator aus demselben Land – auch aus Deutschland. Das belegen sowohl die Erfahrungen der Aktion Plagiarius e. V. als auch des Branchenverbandes „Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V.“ (VDMA).

ORGANISIERTE KRIMINALITÄT ENTDECKT DEN HANDEL MIT MARKENFÄLSCHUNGEN
Die Profite insbesondere bei billigen Fälschungen sind sehr lukrativ (mehrere Hundert Prozent) und mit denen im Drogenhandel vergleichbar. Gleichzeitig sind die Strafen auf die Herstellung und den Handel mit Plagiaten viel zu niedrig und haben keinerlei abschreckende Wirkung. Entsprechend haben sich in den letzten Jahren Kriminelle zu weltweiten Fälscher-Netzwerken zusammengeschlossen. Europol und das Europäische Amt für geistiges Eigentum (EUIPO) beobachten bei Fälscherbanden eine stark wachsende Professionalisierung in Bezug auf Produktionsverfahren und Vertriebsstrukturen. Fälscherbanden greifen auf vorhandene Strukturen aus Drogen-, Waffen- und Menschenhandel zu und setzen für den globalen Vertrieb von Fälschungen auf Internet, „Social Media-Plattformen“ und Messenger-Dienste.

Die Strafverfolgung solch krimineller Netzwerke ist teilweise schwierig, da diese weltweit agieren, Daten nur unzureichend geteilt werden, Fälschungen immer besser und somit schwerer zu identifizieren sind und auch die Gesetze sich unterscheiden. Neben der Strafbarkeit aus dem Marken-, Design- und Sortenschutzgesetz sowie dem Patentrecht können Betrugsstraftatbestände zu mehrjährigen Haftstrafen führen.

VERBRAUCHER = OPFER UND TÄTER! DENN ANGEBOT = NACHFRAGE
Insbesondere Faktoren wie Globalisierung, digitale Kommunikation, das Internet und leichtgläubige (Online-) Schnäppchenjäger haben für eine geradezu explosionsartige Ausbreitung von Produkt- und Markenpiraterie gesorgt.

Fakt ist, solange es eine Nachfrage gibt, wird diese auch bedient – mit Originalprodukten ebenso wie mit Fälschungen, die sich oft nur auf den ersten Blick täuschend ähnlich sehen. Gleiches Aussehen bedeutet keineswegs zwangsläufig gleiche Qualität, Leistungsfähigkeit und vor allem Sicherheit. Dieser Illusion sollten sich Verbraucher nicht blauäugig hingeben. Weder aus Unwissenheit noch aus fehlendem Unrechtsbewusstsein oder mangelnder Wertschätzung für das Original und schon gar nicht auf der Jagd nach dem vermeintlich besten Schnäppchen oder Statussymbol.

Die Europäische Union gilt als einer der Hauptabsatzmärkte für nachgemachte Produkte. Unternehmen und Verbraucher sollten sich bewusst für Originalprodukte – und somit für Sicherheit – entscheiden.

ABWEHRMASSNAHMEN VON PRODUKT- UND MARKENPIRATERIE
Für eine bestmögliche Abwehr von Produkt- und Markenpiraterie ist es sinnvoll, auf eine ganzheitliche Strategie aus juristischen, organisatorischen und technischen Maßnahmen zu setzen.

Minderwertige Fälschungen, so gut sie vielleicht auf den ersten Blick aussehen mögen, können zu brenzligen Haftungsfällen, teuren Rückrufaktionen und irreparablen Imageschäden führen. Das gilt insbesondere für sicherheitsrelevante (z. B. Bremsbeläge) oder elektronische Produkte (Akku-Ladegeräte, Wasserkocher etc.). Die Zollbehörden und Interpol haben beispielsweise schon verunreinigte Parfums und Kosmetika, technische Produkte mit mangelhafter Elektronik, gepanschte Lebensmittel, fehlerhaftes oder schadstoffreiches Kinderspielzeug, falsch oder gar nicht dosierte Medikamente u. v. m. aus dem Verkehr gezogen.

… BEI PRODUKTEINFÜHRUNG:
Grundsätzlich gilt in Deutschland wie in vielen anderen Ländern Nachahmungsfreiheit. Daher ist vor der Markteinführung eines neuen Produktes das Eintragen von gewerblichen Schutzrechten – Marke, Patent, Design – unerlässlich. Ohne solche Schutzrechte sind Kopien zwar dreist und unfair, aus rechtlicher Sicht aber in vielen Fällen legal, wenn nicht z. B. unlauteres Wettbewerbsverhalten nachgewiesen werden kann.

Mit eingetragenen gewerblichen Schutzrechten z. B. beim
  • Deutschen Patent- und Markenamt,
  • Europäischen Patentamt,
  • Europäischen Amt für geistiges Eigentum (EUIPO),
  • bei der World Intellectual Property Organisation (WIPO)
  • oder bei den nationalen Ämtern der relevanten Herstellungs- und Absatzländer
hingegen haben Betroffene die Möglichkeit, den Plagiator zur Rechenschaft ziehen zu können. Dies bedeutet Unterlassungs- oder Schadenersatzansprüche sowie Auskunftsrechte können geltend gemacht und der Klageweg kann genutzt werden. Da das Motto vieler Fälscher „Mehr Schein als Sein“ ist, hat sich auch bei technischen Produkten die zusätzliche Absicherung über eingetragenen Designschutz bewährt.

Wer eingetragene gewerbliche Schutzrechte hat, kann zudem einerseits den Zoll beauftragen, rechtsverletzende Waren bereits an den Außengrenzen aus dem Verkehr zu ziehen. Zum anderen können und sollten Plagiate und Fälschungen auch im Internet regelmäßig – entweder in Eigenregie oder über Dienstleister – aufgespürt werden, um dann einen Antrag auf Löschung zu stellen sowie den Fall zu verfolgen.

Zur Abwehr von unberechtigten Produkthaftungsklagen eignen sich u. a. Sicherheitsmerkmale wie RFID-Codes oder Farb-Codes, die zur eindeutigen Identifizierung an Produkt und/oder Verpackung angebracht werden. Eine Vielzahl von Dienstleistern bietet entsprechende Lösungen sowohl sichtbarer als auch verdeckter Merkmale an. Darüber hinaus können technische Maßnahmen ergriffen werden, die z. B. das sogenannte „Reverse Engineering“ oder ungewünschte „Überproduktionen“ verhindern. Je nach Unternehmensgröße und -struktur kümmern sich Experten aus den Bereichen Produktentwicklung, Qualitätsmanagement, Vertrieb, Recht und die Unternehmensleitung um diese Themen. Unterstützen können teilweise auch IHK und Branchenverbände.

… BEI EINKÄUFERN ODER HÄNDLERN:
Ein umfangreiches Produktsortiment rechtfertigt nicht die Vernachlässigung der Prüfpflichten beim Einkauf und Wareneingang. Händler, die von einem vielfältigen, häufig wechselnden Warenangebot profitieren, können die damit einhergehenden Prüfpflichten nicht mit der Entschuldigung von sich weisen, dass die Anzahl der Waren unüberschaubar groß sei. Grundsätzlich müssen alle im Handel erhältlichen Produkte technisch einwandfrei und sicher sein. Und sie dürfen keine eingetragenen Patente, Design- oder Markenrechte Dritter verletzen. Das bedeutet, dass man Wettbewerbsprodukte in den eigenen Vertriebsgebieten gut kennen und auf mögliche Schutzrechte überprüfen sollte. Gleichermaßen sollte dies auch bei der Vertragsgestaltung mit Lieferanten berücksichtigt werden. Allein schon um unberechtigten Haftungsforderungen, Schadenersatzzahlungen und Imageverlusten vorzubeugen.

Gerade bei der Recherche und Bestellung von Waren im Internet sollten die verantwortlichen Einkäufer sehr genau hinsehen und nicht voreilig und kritiklos auf „Kaufen“ klicken. Auf namhaften globalen eCommerce-Plattformen werden neben Originalwaren nachweislich massenweise rechtswidrige Plagiate und Fälschungen angeboten. Meist von Drittanbietern, die nach Bedarf ihre (Schein-)Identitäten wechseln und sich erfolgreich in der Anonymität des Internets verstecken. Auch die Anzahl von sogenannten „Fake-Shops“ wächst. Einkäufer sollten sorgfältig die allgemeine Seriosität des Anbieters sowie Impressum, Zahlungsbedingungen (Achtung bei „nur Vorkasse“!), Widerrufmöglichkeiten, Bewertungen, Erreichbarkeit etc. prüfen.

Der vertrauensvolle Kontakt zu Herstellern und die sorgfältige Auswahl qualifizierter Lieferanten ist ebenso wichtig wie regelmäßige Kontrollen der Produktionsstandorte bezüglich der Einhaltung von Arbeits-, Qualitäts- und Sicherheitsstandards – dies ist auch für viele Zertifizierungen notwendig. Außerdem hilft es aufmerksam zu sein, auf kleinste Veränderungen (wie beispielsweise billige Materialien, schlechte Verarbeitung, schwache Druckqualität der Etiketten etc.) zu achten und Abstand zu nehmen von unrealistischen Angeboten dubioser Anbieter, insbesondere im Internet.

Viele Hersteller setzen mittlerweile Sicherheitsmerkmale, „Track & Trace-Systeme“, RFID-Chips, Erstöffnungsschutz etc. ein, so dass regelmäßige Kontrollen am Wareneingang in enger Abstimmung mit dem Einkauf etabliert werden sollten. Im Zweifel ist immer der Hersteller zu kontaktieren.

Dieser Artikel ist mit freundlicher Unterstützung von Christine Lacroix vom Aktion Plagiarius e. V. entstanden.
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