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Krisenübungen: Gut geübt heißt besser vorbereitet

Krisenübungen tragen zum Erfahrungslernen und somit zu mehr Sicherheit in Ereignissituationen bei.

Viel Arbeit und Ressourcen werden darauf verwendet Krisenhandbücher, Checklisten, Handlungsanweisungen, Maßnahmenkataloge und Pläne zu erstellen. Doch dieses Wissen basiert auf theoretischen Annahmen und ist nur dann nützlich, wenn darauf in der Praxis aufgebaut werden kann. Im Ereignisfall müssen Verantwortliche in kurzer Zeit auf Basis einer unvollständigen Informationslage und großer Unsicherheit Entscheidungen treffen. Krisenübungen dienen dazu, die theoretisch erarbeitete Herangehensweise anhand von simulierten Ereignisfällen anzuwenden, um so bestmöglich für tatsächlich eintretende Schadensfälle gerüstet zu sein. Die Erarbeitung von Krisenübungen ist jedoch sehr anspruchsvoll und bedarf einiger Erfahrung, um eine Übung zweckdienlich durchzuführen.
Viele Unternehmen, die scheinbar auf jede Situation vorbereitet sind, werden im Ereignisfall überrumpelt und wissen nicht, wie reagiert werden soll. Beispielsweise greifen theoretische Überlegungen nicht, da sie zuvor keinem Praxistest unterzogen und entsprechend in belastbare Anweisungen umgewandelt wurden. Doch jeder Verantwortliche eines Unternehmens sollte wissen: Krisensituationen lassen sich üben, der Umgang mit ihnen kann vorbereitet werden und lässt sich damit auch deutlich einfacher und effektiver gestalten.

MEHRWERT VON KRISENÜBUNGEN: UNSICHERHEITEN WEICHEN LASSEN
Das theoretische Wissen aus Schulungen und Workshops wird in einer Krisenübung unmittelbar praktisch angewendet. Das ist für jede beteiligte Person und somit für das Unternehmen als Ganzes von Vorteil, da sämtliche Annahmen in einer gesicherten alltäglichen Umgebung angewendet werden. Dies bedeutet auch, dass Fehler „erwünscht“ sind, um neue Erkenntnisse zu gewinnen und Optimierungspotenzial abzuleiten. Hinzu kommt, dass sich die Zusammenarbeit im Krisenstab maßgeblich von der tagtäglichen Zusammenarbeit unterscheidet. Doch Krisenstabsmitglieder, interne und externe Fachberater sowie etwaige Unterstützungskräfte müssen im Ereignisfall reibungslos funktionieren und dies in jeweils mehrfacher Besetzung für langfristige/lang andauernde Lagen bzw. auch im Fall von Personalabwesenheiten.

Oftmals verdeutlicht und verinnerlicht eine Krisenübung erst die grundsätzliche Thematik des Krisenmanagements. Nämlich dann, wenn alle Akteure in den „Krisenmodus“ versetzt werden.

Krisenübungen bilden eine gute Ergänzung zu Schulungen und Workshops und bringen im Ereignisfall die nötige Sicherheit im Umgang mit Krisen und sonstigen kritischen Situationen. Jeder Beteiligte erlangt in seinem Kompetenz- und Wirkungsbereich das Wissen, was im Ereignisfall konkret zu tun ist und welche Ressourcen und Bewältigungsstrategien dabei zur Verfügung stehen.

ZIELSETZUNG VON KRISENÜBUNGEN UND KRISENÜBUNGSARTEN
Die Kernfrage bei der Vorbereitung einer Krisenübung ist die Festlegung eines Übungs- bzw. Lernziels, das exakt auf den Reifegrad der Krisenorganisation sowie die Anforderungen und vorhandenen/verfügbaren Ressourcen abgestimmt ist.

Die erste Frage lautet: Was soll mit der Übung erreicht werden? Grundsätzlich orientieren sich Krisenübungen beispielsweise an den folgenden Zielsetzungen:
  • Testen/Trainieren und Optimieren der gesamten oder geteilten Krisenorganisation
  • Betrachtung einzelner (Teil-)Aspekte des Krisenmanagements
  • Überprüfung der unternehmerischen/eigenen Handlungsfähigkeiten und Vorgehensweisen in Krisensituationen
  • Training für das interdisziplinäre Zusammenwirken der Verantwortlichen und handelnden Akteure
  • Lage- und Ereignisbewältigungsprozesse praxisnah kennenlernen/verfestigen
  • Schärfung des eigenen Rollenverständnisses und der Kompetenzen der Krisenstabsmitglieder
  • Informationsaustausch trainieren
  • Abhalten von Lagebesprechungen üben
  • Umgang mit Führungsmitteln und deren zielführenden Einsatz erlernen

Weitere Erkenntnisse, die jeder Beteiligte während einer Krise individuell erlernt, sind z. B. die
  • Erlangung von Erkenntnissen kommunikativer Risiken.
  • Erlangung von Erkenntnissen (bzw. erhöhte Sensibilisierung) bezüglich neuer Gefahren und Risiken für das Unternehmen.
  • Stärkung von Kompetenzen und der Abbau von Unsicherheiten (Erfahrungslernen).
Die zweite Frage, deren grobe Richtung anhand des Lernziels definiert wurde, ist die Festlegung der Zielgruppe. Erst danach kann entschieden werden, welche Übungsart in Frage kommt.

Bezogen auf Unternehmen gibt es je nach Übungszweck, Zielgruppe und Reifegrad der übenden Krisenorganisation verschiedene Übungsarten, die sich in Komplexität und Umfang unterscheiden. Krisenübungen sollten sich dabei grundsätzlich an aktuellen Ereignissen (sowie Gefahren und Risiken) oder branchentypischen Vorfällen orientieren.

DIE PLANÜBUNG

BEI EINER PLANÜBUNG (AUCH „PLANSPIEL“ GENANNT) WIRD EIN FIKTIVES NOTFALL- ODER KRISENEREIGNIS IN DER THEORIE SIMULIERT.



Eine Planübung dient u. a. dazu, getroffene Entscheidungen und Maßnahmenumsetzungen zwischendurch auszuwerten und gemeinsam zu diskutieren, alternative Handlungsmöglichkeiten und Lösungswege zu betrachten sowie ggf. einzelne Übungsschritte zu wiederholen oder zu überspringen.



Mit einer Planübung lassen sich einfache und komplexe Sachverhalte darstellen und durch eine Einzelperson vorbereiten.



TYPISCHE MERKMALE VON PLANÜBUNGEN SIND Z. B.:

  • Möglichkeit der Teilnahme von Einzelpersonen (z. B. nur die Krisenstabsleitung) oder einer ganzen Gruppe (z. B. gesamter Krisenstab).
  • Besprechung und Auswertung einzelner Übungsschritte bzw. Übungsetappen.
  • Das Überdenken getroffener Entscheidungen und Maßnahmenumsetzungen sowie ggf. die anschließende Übungsfortführung oder Übungswiederholung auf Grundlage veränderter Rahmenbedingungen.
  • Die Fiktion von Datum, Uhrzeit, Wochentag, Jahreszeit und Wetterbedingungen.
  • Einsatz von Zeitsprüngen im Übungsgeschehen.
  • Ein kurzer Lagevortrag schildert die Ausgangssituation.
  • Übungsleitung/-steuerung fungiert als Ansprechpartner für Rückfragen und Hilfestellungen.

DIE KRISENSTABSÜBUNG

BEI EINER KRISENSTABSÜBUNG WIRD EIN FIKTIVES NOTFALL- ODER KRISENEREIGNIS IN DER THEORIE SIMULIERT UND DURCH DEN KRISENSTAB UNTER MÖGLICHST REALISTISCHEN BEDINGUNGEN BEARBEITET.


Eine Krisenstabsübung dient u. a. dazu, die Zusammenarbeit, Abläufe und Dokumentationen des Krisenstabs unter möglichst realistischen Bedingungen zu beüben, die Leistungsfähigkeit des Krisenstabs zu überprüfen und ggf. weiterzuentwickeln sowie den konkreten Übungsverlauf und die gewonnenen Übungserkenntnisse im Anschluss an die Übung mit allen Übungsteilnehmern ausführlich zu besprechen und gemeinsam konkrete Optimierungsmöglichkeiten herauszuarbeiten.


Für eine Krisenstabsübung sollte eine Übungsleitung/-steuerung (mind. 2 Personen) definiert werden. Diese spielt kontinuierlich neue Lageinformationen sowie Sachverhalte ein und simuliert zudem wechselseitige Reaktionen, um das Übungsgeschehen zu beeinflussen bzw. fortzuführen.


TYPISCHE MERKMALE VON KRISENSTABSÜBUNGEN SIND Z. B.:

  • Üben unter möglichst realistischen Bedingungen (z. B. Besetzung des Krisenstabsraums, realistisches Kommunikationsgeschehen usw.).
  • (Weitestgehend) Kein Einschreiten in den Übungsverlauf durch die Übungsleitung/-steuerung.
  • Gemeinsame Übungsauswertung mit den Teilnehmern im Nachhinein.
  • Konzentration auf die Entscheidungsfindung im Krisenstab und die Krisenstabsarbeit.
  • Nichtteilnahme von weiteren Stellen wie z. B. Notfall- und Krisenteams, Vertretern von Blaulichtorganisationen usw.
  • Ggf. Unterstützung von fachkundigen Übungsbeobachtern/Schiedsrichtern.
  • Lageeinweisung erfolgt im Krisenstabsraum.
  • Übungsleitung/-steuerung ist für die Dynamik im Übungsgeschehen zuständig.

DIE KRISENSTABSRAHMENÜBUNG

EINE KRISENSTABSRAHMENÜBUNG IST EINE ERWEITERTE FORM DER KRISENSTABSÜBUNG UND UNTERSCHEIDET SICH Z. B. DAHINGEHEND, DASS NEBEN DEM KRISENSTAB AUCH WEITERE IM NOTFALL- UND KRISENMANAGEMENT INVOLVIERTE (OPERATIVE) STELLEN AKTIV AN DER ÜBUNG TEILNEHMEN, UM ENTSCHEIDUNGSFINDUNGEN UND MAßNAHMENUMSETZUNGEN GEMEINSAM ZU TRAINIEREN UND INFORMATIONEN ÜBER VERSCHIEDENE KOMMUNIKATIONSWEGE AUSZUTAUSCHEN.


Die Übungsleitung/-steuerung simuliert Tätigkeiten, Reaktionen und Anforderungen und sollte personell entsprechend besetzt sein (mind. 3 bis 4 Personen) und durch Übungsbeobachter unterstützt werden.


TYPISCHE MERKMALE VON KRISENSTABSRAHMENÜBUNGEN

Bei einer Krisenstabsrahmenübung stehen praktisch bzw. tatsächlich durchgeführte Tätigkeiten im Vordergrund wie z. B.:

  • Die Durchführung realer Alarmierungs- und Meldeverfahren.
  • Die persönliche Kommunikation mit bzw. zwischen den einzelnen beteiligten Stellen.
  • Die tatsächliche bzw. teils fiktive Durchführung von Maßnahmen oder Umsetzung von Entscheidungen.
  • Der Schadensort ist fiktiv, Tätigkeiten werden jedoch tatsächlich praktisch ausgeführt.
  • Die Lageeinweisung der beteiligten Kräfte erfolgt im Übungsgebiet/Übungsraum.
  • Unterrichtung aller mitwirkenden Kräfte zum Szenario.
  • Übungsleitung/-steuerung ist für die Dynamik im Übungsgeschehen zuständig.

DIE VOLLÜBUNG

EINE VOLLÜBUNG IST EINE ERWEITERTE FORM DER KRISENSTABSRAHMENÜBUNG. SIE IST DIE UMFANGREICHSTE UND ANSPRUCHSVOLLSTE ART DER NOTFALL- UND KRISENÜBUNG, BEI DER NAHEZU ALLE BETEILIGTEN SCHNITTSTELLEN AKTIV DAS ÜBUNGSGESCHEHEN ABBILDEN.


Bei einer Vollübung wird vom Krisenstab bis hin zu den operativen Einheiten real geübt – jede Stelle wird also aktiv am Ereignisort bzw. innerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs tätig. Dies kann mit Gebäuderäumungen, dem Einsatz von externen Behörden/Blaulichtorganisationen, Presse- und Medienvertretern und weiteren Schnittstellen ebenso einhergehen wie mit realistischen Unfalldarstellern sowie Brand- und Rauchsimulationsanlagen.


Die Übungsleitung/-steuerung ist lediglich für die Vor- und Nachbereitung zuständig und greift nur bei „groben“ Fehlern/Unstimmigkeiten aktiv ein, ansonsten werden alle Ereignisse anhand der realen Interaktionen durchgeführt.


Mit einer Vollübung wird die Leistungsfähigkeit, Zusammenarbeit und Kommunikation aller beteiligten Stellen unter „Realbedingungen“ geübt.


TYPISCHE MERKMALE VON VOLLÜBUNGEN SIND Z. B.:

  • Erstellung eines Drehbuchs.
  • Ggf. Präparation eines Schadensortes.
  • Umfassende Information im Vorfeld (Presse, Medien, Behörden, Umfeld etc.).
  • Hoher zeitlicher Vorlauf und Aufwand (ca. 6 bis 12 Monate).
  • Aufstellen von Übungs- und Sicherheitsbestimmungen.
  • Lageeinweisung der beteiligten Kräfte erfolgt i. d. R. erst am Ereignis-/Schadensort.
  • Übungsleitung/-steuerung greift nur bei einer Fehlentwicklung ein, ansonsten hat die Lage eine gewisse Eigendynamik.
  • Einsatz von Übungsbeobachtern/Schiedsrichtern an allen Schauplätzen.

KRISENÜBUNGEN SOLLTEN IN „SERIEN“ AUFEINANDER AUFBAUEN UND AN UMFANG UND INTENSITÄT ZUNEHMEN SOWIE UNTERSCHIEDLICHE ZIELSETZUNGEN VERFOLGEN. EIN WEITERER VORTEIL VON ÜBUNGSSERIEN IST DIE MÖGLICHKEIT, VERSCHIEDENE ENTSCHEIDUNGSTRÄGER UND VERANTWORTLICHE AN DER KRISENÜBUNG TEILNEHMEN ZU LASSEN, DENN STELLVERTRETER MÜSSEN IM ERNSTFALL EBENSO HANDLUNGSFÄHIG SEIN WIE HAUPTVERANTWORTLICHE.


Krisenübungen sollten durch fachkundige Übungshelfer (sogenannte „Übungsbeobachter“ / „Schiedsrichter“) beobachtet und im Nachgang detailliert analysiert, ausgewertet und schriftlich aufbereitet werden, so dass sich am Ende die Möglichkeit zur Anpassung im Krisenmanagement bzw. der Krisenorganisation ergibt. Häufig zeigen sich während der Übung Mängel in der Krisenorganisation, die zuvor auf den ersten Blick gar nicht als solche erkennbar waren oder Prozesse, die sich als nicht praxistauglich herauskristallisiert haben und somit wieder verworfen oder optimiert werden müssen.


DANK KRISENÜBUNGEN EREIGNISSE SOUVERÄN BEWÄLTIGEN

Verantwortliche fühlen sich durch die angeeigneten Erfahrungen durch eine Krisenübung im Ereignisfall i. d. R. sicherer und treffen dadurch fundiertere Entscheidungen. Wer sich im Gegensatz dazu völlig überrumpeln lässt und von der Situation überfordert fühlt, kann zwar Bauchentscheidungen treffen, diese erweisen sich jedoch häufig als zu kurz gedacht und tragen mitunter zu einer Verschlimmerung der Situationen bei. Unsicherheit schürt häufig auch die Angst vor falschen Entscheidungen. Dies kann Verantwortliche und handelnde Akteure in Krisensituationen lähmen, so dass die verlorene Zeit zu einer weiteren Situationsverschlechterung führt.


Wer hingegen weiß, wann, wie und warum entschieden werden soll, fühlt sich sicherer, trifft fundiertere Entscheidungen und kann diese auch vor anderen Personen besser vertreten.


Niemand geht davon aus, dass es tatsächlich zu einer Krise im Unternehmen kommt. Kein Unternehmen kann jedoch die Gefahr eines Ereignisfalls von sich weisen! Wie gut also, wenn alle Beteiligten auf ein mögliches Krisenereignis – beispielsweise durch die regelmäßige Durchführung von Krisenübungen – adäquat vorbereitet sind.

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