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Interview zum Thema

(Sicherheits-)Risiken durch psychische Belastungen bei Entsendungen ins Ausland

Interview mit Dr. med. Stefan Eßer von International SOS zum Thema „(Sicherheits-)Risiken durch psychische Belastungen bei Entsendungen ins Ausland“

Dr. med. Stefan Eßer ist als Ärztlicher Leiter für die Region Zentraleuropa bei International SOS in Frankfurt tätig. Er verantwortet alle medizinischen Dienstleistungen in Zentraleuropa sowie die Planung, Vertragsgestaltung und Implementierung von medizinischen Dienstleistungen, insbesondere im Hinblick auf den Aufbau einer medizinischen Infrastruktur an entlegenen Kundenstandorten im Ausland.


GRUNDSÄTZLICH SIND GEMÄSS EUROPÄISCHEN UND NATIONALEN RICHTLINIEN DIE ARBEITGEBER FÜR DEN GESUNDHEITSSCHUTZ DER BELEGSCHAFT – AUCH BEI AUSLANDSEINSÄTZEN – VERANTWORTLICH. GIBT ES FÜR ENTSENDUNGEN INS AUSLAND NOCH ERWEITERTE ANSPRÜCHE?

Das ist richtig. Bei Entsendungen in entlegene, schlecht versorgte Gebiete der Welt werden höhere Ansprüche an die Fürsorgepflicht (Duty of Care) des Arbeitgebers gestellt als allgemein. Hierbei gilt es insbesondere die psychischen Belastungen der Arbeitnehmer im beruflichen Auslandseinsatz zu berücksichtigen.

Auch der Dachverband der Berufsgenossenschaften weist seit Jahren auf Verpflichtungen des Arbeitgebers bei Auslandseinsätzen hin. In vielen Ländern gibt es höhere Sicherheitsrisiken und niedrigere Standards, z. B. bei Rettungsdiensten und der Qualität des Gesundheitswesens. Armut, Gefahr und die Auseinandersetzung mit Gewalt und Kriminalität können besondere psychische Belastungen sein, genauso wie hoher beruflicher Druck und Einsamkeit.

Reisesicherheit: Interview mit Dr. med. Stefan Eßer von International SOS zum Thema „(Sicherheits-)Risiken durch psychische Belastungen bei Entsendungen ins Ausland“

BEDEUTET DIES, DASS DIE PSYCHISCHE GESUNDHEIT VON ARBEITNEHMENDEN IN DEN EUROPÄISCHEN LÄNDERN IMMER MEHR IN DER GESETZGEBUNG VERANKERT WIRD?

In einigen Ländern Europas ist die Beurteilung von Belastungsreaktionen bereits rechtlich vorgegeben oder wird zumindest durch Juristen und Arbeitsmediziner explizit unterstützt. In anderen Ländern wiederum werden diese Belastungen in den Gefährdungsbeurteilungen mit erfasst.


DIE HERAUSFORDERUNGEN LIEGEN SICHERLICH DARIN, EINHEITLICHE VORGABEN ZUR VORBEUGUNG UND UNTERSTÜTZUNG BEI AUSLANDSAUFENTHALTEN/-REISEN ZU ENTWICKELN?

Ja, genau. Internationale Einsätze und Aktivitäten von Unternehmen stellen besondere Herausforderungen für die Organisation dar. Unsicherheit, Ängste, außergewöhnliche berufliche Belastungen beim Auslandseinsatz, aber auch Vereinsamung und Suchtgefahren können zu psychischen Belastungen führen. Die Belastungen sollten Unternehmen messen, erkennen und ihnen begegnen. Der Leitfaden zur „Beurteilung psychischer Belastungen im internationalen Umfeld“ gibt hierzu eine Anleitung und mit den praxistauglichen Checklisten eine sinnvolle Unterstützung.


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WIE VERSTEHEN SIE PSYCHISCHE GESUNDHEIT IM KONTEXT VON ENTSENDUNGEN INS AUSLAND?

Insbesondere ein beruflicher Auslandseinsatz (vor allem außerhalb Europas) bringt psychische Einwirkungen mit sich, die unter den Arbeitsbedingungen in der Heimat kaum auftreten und die geeignet sind, bei dem Betroffenen zu psychischen Belastungsreaktionen unterschiedlicher Art und Dauer zu führen. Die Bandbreite der Einwirkungen im beruflichen als auch im privaten Bereich ist für den Einzelnen dabei beeindruckend groß. Traumatisierende Erlebnisse sind z. B. nicht selten Unfälle, daneben aber auch Überfälle, Einbrüche, Entführungen sowie sexuelle Übergriffe.

Gerade Tätigkeiten in der Not- und Katastrophenhilfe bedeuten darüber hinaus die Konfrontation mit grundsätzlich schwer belastenden Erfahrungen und Aufgaben. Sehr häufig kommt es hierbei zu posttraumatischen Belastungsstörungen.


WELCHE ASPEKTE MÜSSEN BEURTEILT WERDEN, UM ETWAS ÜBER DIE PSYCHISCHE BELASTUNG INSBESONDERE IM AUSLANDSEINSATZ ZU ERFAHREN?

Zur Ermittlung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Die Aspekte beziehen sich dabei auf die Arbeitsbelastung, die zeitlichen Vorgaben, die Selbstständigkeit beim Arbeiten, die mögliche Entscheidungsfreiheit, die Zusammenarbeit in der Belegschaft und mit Vorgesetzten, das Verhältnis von Freizeit und Arbeit, Informations- und Betreuungsangebote rund um psychische Belastungen sowie betriebliche Aktivitäten zu dem Thema und ähnliche Kriterien.


WO SEHEN SIE – NEBEN ERKRANKUNGEN UND AUSFALLZEITEN – DIE AUSWIRKUNGEN FÜR DEN ARBEITGEBER, WENN DEM NICHT VORGEBEUGT WIRD?

Psychisch kranke oder stark beeinträchtigte Mitarbeiter werden anspruchsvolle Einsätze nicht erfolgreich und zuverlässig bewerkstelligen können. Sie stellen insofern für das Unternehmen ein Risiko dar, dass sich die zugesagte Leistung nicht zufriedenstellend und nicht im vereinbarten Zeitrahmen durchführen lässt. Diese Mitarbeiter können aufgrund von Unachtsamkeit oder Übermüdung oder anderen Ausprägungen der Überlastung auch zum Sicherheitsrisiko werden, wenn nicht mit der erforderlichen Achtsamkeit agiert wird – Stichwort Cyberangriffe, Spionage, Social Engineering. Dies kann finanzielle und rufschädigende Auswirkungen nach sich ziehen.


WELCHE ERFAHRUNGEN HABEN SIE ALS ANBIETER VON INTERNATIONALEM GESUNDHEITSMANAGEMENT MIT DIESEM THEMA BEI KUNDEN ODER ERKUNDUNGSEINSÄTZEN BEREITS GEMACHT? UND WIE LÄSST SICH DEM MIT PRÄVENTIVEN MASSNAHMEN BEGEGNEN?

Vorbereitung und Schulung der entsendeten Mitarbeiter sind wesentlich. Unsicherheit und Ängsten kann durch fundierte Informationen und Handlungsempfehlungen begegnet werden. Während der Reise ist das Wissen um eine zuverlässige Hotline ausgesprochen beruhigend. Klare Vorgaben, was beim Reisen erlaubt ist (z. B. Ausgang abends in die Stadt) und was nicht (z. B. Besuch bestimmter Regionen, selbstständiges Autofahren, Nutzung von Zweirädern), gibt dem Mitarbeiter einen klaren Sicherheitsrahmen vor.


GANZ NACH DEM MOTTO: "KLEINE MASSNAHMEN UND VORGABEN, GROSSE WIRKUNG" MÜSSEN PERSONEN FÜR RISIKEN SENSIBILISIERT WERDEN, UM DIESE WAHRNEHMEN ZU KÖNNEN. HERR DR. EßER, VIELEN DANK FÜR DIE BEANTWORTUNG DER FRAGEN.

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